Cannabis in Deutschland & Europa: Vom Heilmittel zum Verbot – und wieder zurück

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Die Geschichte von Cannabis ist eine Geschichte voller Wandel: Zwischen traditionellem Heilmittel, kulturellem Symbol und gesetzlichem Verbot. In Europa und besonders in Deutschland war die Hanfpflanze über Jahrhunderte hinweg ein selbstverständlicher Bestandteil des Alltags. Heute, nach Jahrzehnten der Prohibition, kehrt sie langsam wieder in einen legalen und gesellschaftlich akzeptierten Rahmen zurück. Zeit, einen Blick auf diese spannende Entwicklung zu werfen.
Antike & Mittelalter: Hanf als Alleskönner
Cannabis ist eine der ältesten vom Menschen genutzten Kulturpflanzen. Bereits vor über 5.000 Jahren wurde sie in Asien kultiviert – zur Faserherstellung, als Nahrungsmittel, aber auch zu medizinischen Zwecken. Über Handelsrouten gelangte Hanf nach Europa, wo er besonders im Mittelalter eine wichtige Rolle spielte.
In Klostergärten wurde Cannabis als Heilkraut gegen Schmerzen, Entzündungen und Schlafstörungen verwendet. Auch als Rohstoff war Hanf unverzichtbar: Für Seile, Segeltuch, Papier und Kleidung. Noch bis ins 19. Jahrhundert galt Hanf in Europa als eine der wichtigsten Nutzpflanzen überhaupt.
19. Jahrhundert: Cannabis als Arzneimittel
Im Zuge der wissenschaftlichen Entwicklung wurde Cannabis im 19. Jahrhundert in Europa systematisch als Arzneimittel genutzt. Extrakte aus der Pflanze fanden sich in Apotheken in Form von Tinkturen, Ölen oder Pulvern – insbesondere zur Schmerzbehandlung, bei Migräne oder zur Beruhigung.
Medizinische Cannabispräparate waren in vielen Ländern frei verkäuflich und galten als wirksam und verträglich. Die Pflanze hatte ein gutes Image – bis internationale Drogenabkommen und politische Entwicklungen ihren Ruf veränderten.
20. Jahrhundert: Der Weg in die Illegalität
Ab den 1920er-Jahren verschärfte sich die weltweite Drogenpolitik. 1925 wurde Cannabis durch das Genfer Abkommen der internationalen Opiumkonferenz zum ersten Mal unter Beobachtung gestellt. Deutschland zog nach und ergänzte 1929 das Opiumgesetz, wodurch auch Cannabis offiziell kriminalisiert wurde.
Diese Entscheidung war weniger wissenschaftlich als politisch motiviert und wurde im Laufe des Jahrhunderts weiter verschärft. Besonders in den 1960er- und 70er-Jahren, als Cannabis Teil der Jugend- und Gegenkultur wurde, reagierten Politik und Justiz mit Repression. Die Pflanze wurde zunehmend als gefährliche Droge stigmatisiert.
👉 Quelle: Cannabisfakten.de – Warum ist Cannabis verboten?
Neue Perspektiven im 21. Jahrhundert
Ab den 2000er-Jahren begann ein Umdenken. Langsam, aber stetig. Immer mehr wissenschaftliche Studien zeigten, dass Cannabis deutlich weniger schädlich ist als lange angenommen. Länder wie Kanada, Uruguay und viele US-Bundesstaaten legalisierten die Pflanze für medizinische oder sogar private Zwecke.
In Deutschland wurde 2017 erstmals medizinisches Cannabis legalisiert. Seitdem dürfen Ärzt:innen es bei bestimmten Diagnosen verschreiben. Die öffentliche Debatte wurde sachlicher, faktenbasierter und immer mehr Stimmen forderten eine Entkriminalisierung auch für den Freizeitgebrauch.
2024: Ein Wendepunkt in der deutschen Cannabispolitik

Am 1. April 2024 trat in Deutschland das neue Cannabisgesetz (CanG) in Kraft – ein historischer Schritt. Es erlaubt volljährigen Personen den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bzw. 50 Gramm im privaten Raum, sowie den Eigenanbau von bis zu drei blühenden Pflanzen.
Ziel der Reform: den Schwarzmarkt eindämmen, Konsument:innen entkriminalisieren und mehr Kontrolle über Qualität und Jugend- und Gesundheitsschutz schaffen.
👉 Quelle: BMG - Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz
Fazit: Zwischen Tradition, Verbot und Neubeginn
Die Cannabispflanze war über Jahrhunderte hinweg in Europa fest verankert – als Nutzpflanze, Medizin und Kulturgut. Die Kriminalisierung im 20. Jahrhundert war kein naturgegebenes Gesetz, sondern das Ergebnis geopolitischer Strömungen und gesellschaftlicher Ängste.
Mit der aktuellen Legalisierung beginnt in Deutschland ein neues Kapitel. Eins, das nicht frei von Herausforderungen ist – aber die Chance bietet, Cannabis endlich wieder mit einer differenzierten, informierten Haltung zu begegnen. Eine Rückkehr zu einem verantwortungsvollen Umgang mit einer alten Pflanze, die mehr ist als nur ein Klischee.
Hinweis: Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken. Bitte beachte die jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen.